«Auch eine passive Währungsstrategie ist eine spekulative»

* Viele KMU sind sich der Risiken bei fremden Währungen nicht bewusst; oft wäre eine Absicherung ratsam. * Alexander Koch, Leiter Konjunktur- und Zinsanalyse bei Raiffeisen Schweiz, gibt im Interview Antworten zu Fragen rund um Währungs-Absicherungen. * Er referiert auch am «Inpirationskaffee» am 26. November um 7 Uhr im Restaurant s’Madlen in Heerbrugg zum Thema «Exportieren? Mit Sicherheit! Wie Devisenmanagement, Absicherungen und Unterstützung Exportgeschäfte kalkulierbar machen».

Business Class Ost
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Veröffentlicht am

21.11.2025

 von 
Eckhard Baschek

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KOMMENTAR

Inspirationskaffee Interview Alexander Koch FX
Alexander Koch, Leiter Konjunktur- und Zinsanalyse bei Raiffeisen Schweiz.

Sie gehen für den Euro in der Zukunft von einem Niveau von unter 90 Rappen aus. Derzeit liegt der Interbankenkurs bei etwa 92 Rappen. Wie kommen Sie zu diesem Schluss, und von welchem Zeitrahmen sprechen wir?
Der Franken gewinnt, unter teils kräftigeren Schwankungen, seit Jahrzehnten kontinuierlich an Stärke. Grund dafür ist hauptsächlich der chronisch hohe Inflationsunterschied zu den anderen Währungsräumen. Anhaltend geringe Preisanstiege in der Schweiz und eine deutlich höhere Inflation in der Eurozone sollten den nominalen Euro-Franken-Wechselkurs auch künftig sinken lassen. In rund zwei Jahren dürfte ein Wechselkurs leicht unter 0.90 fundamental grundsätzlich gerechtfertigt sein.

Wie passt das wiederum zu Ihrer Aussage, es sei «sehr schwierig, für zwei oder drei Monate verlässliche Währungsprognosen zu erstellen»?
Langfristig folgt die Wechselkursentwicklung recht gut den Inflationsunterschieden zwischen den jeweiligen Währungsräumen. Kurzfristig, was auch einen Zeitraum von einigen Jahren bedeuten kann, können aber andere Faktoren wie beispielsweise politische Unsicherheit, eine Veränderung der Kapitalströme oder eine stärkere Divergenz bei der Zinspolitik der Notenbanken den Wechselkurs in eine andere Richtung führen.

Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass nur knapp die Hälfte der Schweizer Unternehmen Fremdwährungsrisiken absichert, wie eine Untersuchung der UBS zeigt?
Leider ist vielen schlichtweg nicht bewusst, wie gefährlich Devisenrisiken sein können. Zudem besitzen im Moment viele nicht mal ein Euro-Konto.

Exportorientierte KMU könnten ihre Einnahmen und Ausgaben im Euro-Raum zeitlich aneinanderbinden, also sozusagen «natürliche Absicherung» («Natural Hedging») betreiben, damit sich positive und negative Währungseffekte ausgleichen. Oder man kauft/verkauft gleichzeitig Euro im Eigenbesitz als eine Art Gegengeschäft. Dann bräuchte es gar keine Währungsabsicherung, oder?
Wenn Unternehmen zur gleichen Zeit gleich hohe Euro-Einnahmen und -Ausgaben haben, ist eine Währungsabsicherung natürlich nicht notwendig. Das dies vollständig so eintrifft, ist aber selten. Unterschiedlich hohe und zeitlich differierende Geldflüsse machen Absicherungsgeschäfte sinnvoll.

Wenn ich als Unternehmen meine zukünftigen Euro- oder Dollar-Transaktionen hedge, zahle ich einen Aufschlag zum aktuellen Kassa-Kurs. Wie hoch ist er im Schnitt für die Rheintaler Raiffeisen-Kundschaft?
Der Aufschlag gilt, wenn sie US-Dollar und Euro gegen Schweizer Franken verkaufen. Die Höhe des Aufschlags ergibt sich aus der Zinsdifferenz der Währungen. Bei der Rheintaler Raiffeisenbank, wie in der ganzen Raiffeisen Gruppe, geben wir die Interbank-Terminpreise eins zu eins an die Kunden weiter, das heisst, es wird nur auf dem Kassenkurs eine Kundenmarge appliziert.

Derzeit liegen die Kosten der Währungsabsicherung für den Dollar bei 3 Prozent auf Sicht von einem Monat. Lohnt sich bei der hier aktuell hohen Zinsdifferenz zwischen der Schweiz und den USA eine Absicherung überhaupt?
Es kommt immer darauf an, was sie mit Absicherung meinen. Bereits eine Limit-Order (Stop Loss) kann eine Absicherung sein, und die ist gratis. Grundsätzlich kommt es immer auf die Markt-Meinung und den Budget-Kurs der jeweiligen Unternehmung an.

Neben einer individuellen Marge als Entschädigung, in der Regel mehr als 1 Prozent der Summe, verlangen Sie auch die Hinterlegung einer Sicherheit von etwa 10 Prozent der vereinbarten Summe. Wird damit am Ende die Sauce nicht teurer als der Braten?
Wie gesagt, nimmt die Raiffeisen keine Marge auf den Terminkursen, sondern gibt die Marktpreise eins zu eins weiter. Zudem ist die Hinterlegung einer Sicherheitsmarge kein Raiffeisen-Finish, sondern von der Finma vorgeschrieben. Eine Aussage, ob die Sauce teurer als der Braten ist, ist immer von der Ausgangslage des Kunden-Business-Cases abhängig.

Wäre es nicht günstiger, ein Fremdwährungskonto mit besseren Wechselkurs-Konditionen einzurichten und damit den Zeitpunkt des Währungswechsels selbst zu wählen?
Ein Fremdwährungskonto ist der Grundbaustein für jegliche Art von Devisenmanagement. Grundsätzlich würde ich diese Frage mit ja beantworten, aber nicht wegen der Kosten, sondern wegen des Grundsatzes, dass Devisenmanagement aktiv angegangen werden muss.

Welche typischen Fehler machen KMU Ihrer Erfahrung nach im Zusammenhang mit Fremdwährungs-Absicherungen?
Wir unterscheiden grundsätzlich zwei Arten von Verhalten; ein passives, bei dem man unbewusst oder bewusst Risiken eingeht, und ein aktives, bei dem man Risiken bestmöglich minimiert, um das Grundgeschäft zu schützen. Viele bleiben passiv, ohne zu wissen, dass dies auch eine Strategie ist, aber eine spekulative!

Die Antworten entstanden in Zusammenarbeit mit Rosario Loria, Leiter FX-Advisory bei Raiffeisen Schweiz.

Hier gehts zur Anmeldung zum Inspirationskaffee.

Über Alexander Koch
Alexander Koch, CFA, Leiter Konjunktur- und Zinsanalyse bei Raiffeisen Schweiz, studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten München und Southampton. Nach einem Aufenthalt bei der Strategieberatung Roland Berger begann er seine Laufbahn in der Bankenbranche bei UniCredit im Firmenkundengeschäft. Sein Weg führte dann weiter über die Länderrisikoanalyse schliesslich ins Economic Research. 2013 wechselte er zu Raiffeisen Schweiz, verantwortete dort erst die Immobilienmarktanalyse und ist nun für die Konjunktur- und Zinsanalyse verantwortlich.

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